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Der Geist des Widerspruchs

Studien zur Dialektik. Dritter Band

Stapelfeldt, Gerhard

2021

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Der Geist des Widerspruchs: die Dialektik, scheint aus der neoliberalen Gesellschaft und Politik-Ökonomie getilgt. Der Imperativ lautet: Anpassung an undurchschaubare, irrationale Verhältnisse. “Anpassung” fordert die neoliberale Theorie in Abwendung von jeder Form der Vernunft und des Rationalismus; Anpassung fordert die politische Administration - vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank bis zur EU-Kommission und bis zur Agenda 2010-Rede des Bundeskanzlers Schröder - im Namen der Globalisierung als eines transzendentalen Schicksals. Anpassung ist auch der Imperativ der neoliberalen Universität, der im Kontext der globalen “Wissensgesellschaft” und “Wissensökonomie” die Rolle der Produktion von verwertbarem Wissen und verwertbaren Menschen, die Auswendig-Entfremdetes auswendig zu reproduzieren haben, übertragen wurde. Der Imperativ der Anpassung setzt explizit einen gesellschaftlichen “Antirationalismus” (F. A. von Hayek) voraus, der unmittelbar eine gesellschaftliche Erinnerungslosigkeit einerseits, eine gesellschaftliche Hoffnungslosigkeit andererseits impliziert. Wem das Bestehende das Unerkennbare ist, verleugnet die Möglichkeit, die Verhältnisse genetisch und utopisch zu transzendieren, um sie erkennen zu können. Der Neoliberalismus verwirft jede Kritik: die theoretische ebenso wie die praktische. Unter diesen antirationalen Verhältnissen, in denen die Zerstörung der Aufklärung realitätsgerecht propagiert wird, scheint ein Widerspruch gegen das Bestehende nur als ein ohnmächtiges, dogmatisches Anrennen, das die Verhältnisse eher befestigt denn zum Tanzen bringt, möglich. Angesichts dessen ist der Logos des Widerspruchsgeistes zu bewahren und zu schärfen, ohne den es weder ein Bewußtsein der Gegenwart, noch eine Erinnerung, noch die “Aussicht auf eine neue Gesellschaft” (K. Marx) - auf vernünftige Verhältnisse - geben kann. Das freilich gelingt nicht im schlichten Rückgriff auf die Überlieferung: der globale Neoliberalismus gewinnt seine Legitimation aus der “Dialektik der Aufklärung”, deren gegenwärtiges Resultat er positiviert. So ist die Möglichkeit des Widerspruchsgeistes an dessen neoliberaler Negation freizulegen.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Cover. Erster Teil U1
Inhaltsverzeichnis 7
Vorwort 9
Theorie und Praxis: Erster Teil 11
Inhalt 12
I. Einleitung 15
II. Antike: Dialektische Annäherung an den göttlichen nous und mimetische Verwirklichung guten Lebens 39
II.1 Sokrates: Philosophie als mimetische Lebenspraxis 59
II.2 Platons Politeia: Voraus- und entgegensetzende Theorie und Praxis guten Lebens im Vernunft-Staat 74
II.3 Aristoteles’ praktische Philosophie 98
III. Renaissance und Merkantilismus: Aufstieg zur gottesebenbildlichen sophía und Welt-Schöpfung – Frühbürgerliche Revolutionen 147
III.1 Rinascità: Kaufmanns-Kapitalismus und christlicher Platonismus. Gesellschaftliche Rationalisierung ohne Revolution 154
III.2 Merkantilismus 179
III.2.1 Der Unabhängigkeitskampf der calvinistischen. Niederlande gegen Spanien 1564–1588 186
III.2.1.1 Voraussetzungen des Aufstands in Spanien und in den Niederlanden 189
III.2.1.2 Das Recht auf Widerstand – Der Verlauf des Befreiungskampfesnder Niederlande 215
III.2.1.3 Die merkantilistische Politik-Ökonomie der Kaufmanns-Republik der Vereinigten Niederlande 240
III.2.2 Puritanische Gentry, Handelskapitalisten, Manufakturisten und die englische Revolution 1640/49–1660 247
III.2.2.1 Voraussetzungen der Revolution (bis 1640) 251
III.2.2.2 Das Recht auf Widerstand – Der Verlauf der Revolution (1640–1649) 273
III.2.2.3 Die merkantilistische Politik-Ökonomie des Common-Wealth of England (1649–1660) 296
III.2.3 Die Glorious Revolution von 1688/89 und Lockes Naturrecht 322
III.2.3.1 Voraussetzungen der Glorius Revolution (1660–1688) 325
III.2.3.2 Das Recht auf Widerstand – Der Verlauf der Revolution (1688/89) 336
III.2.3.3 Die merkantilistische Politik-Ökonomie Englands und Großbritanniens von 1688/89 bis 1714 355
IV. Liberalismus: Von der bürgerlichen zur proletarischen Revolution 365
IV.1 Dogmatische Verstandes-Aufklärung und liberale Revolution: Die Französische Revolution von 1789–1799 389
IV.1.1 Genese und Verlauf der Revolution 392
IV.1.1.1 Politischökonomische und philosophische Voraussetzungen der Revolution (Boisguilbert, Quesnay – Encyclopédie) 393
IV.1.1.2 Das Recht auf Widerstand – Der Verlauf der Revolution (Rousseau, Robespierre, Augenzeugen) 445
IV.1.2 Vom revolutionären Terrorismus zur universalen Technik der positivistischen Gesellschaft: Saint-Simon und Comte 492
IV.1.3 Innengewendete Revolution und dialektische Kritik der Französischen Revolution: Kant und Hegel 513
IV.2 Dialektische Vernunft-Aufklärung und proletarische Revolution: Kritik und Dogmatismus im Werk von Marx 535
IV.2.1 Geschichtsdogmatismus und dialektische Kritik in den Frühschriften – Arbeiterbewegung und Revolution von 1848/49 562
IV.2.2 Dialektische Kritik und Geschichtsdogmatismus in den Schriften nach 1850/57 – Erste Internationale und Commune de Paris 609
Literaturverzeichnis 695
Cover. Zweiter Teil U2
Inhaltsverzeichnis 723
Vorwort 725
Theorie und Praxis: Zweiter Teil 727
Inhalt 728
V. Imperialismus: Krise des Marxismus und der Arbeiterbewegung 731
V.1 Theoretische Kritik. Dogmen des Marxismus der II. und III. Internationale: von F. Engels bis W. I. Lenin 772
V.1.1 Friedrich Engels: Positive Dialektik 778
V.1.2 Dogmen des Marxismus der II. und III. Internationale 788
V.2 Praktische Kritik. Revolution und Sozialreform 806
V.2.1 Die Praxis des orthodoxen Kommunismus: Lenin, die Oktober-Revolution – und Luxemburgs Kritik 807
V.2.2 Die Praxis des sozialdemokratischen Marxismus. Sozialreform oder Revolution: E. Bernstein, R. Luxemburg, R. Hilferding 880
V.2.3 Die Praxis der Gewerkschaften: Sozialreform. Fritz Naphtali 893
V.3 Dialektik, Psychoanalyse und Revolution 908
V.3.1 Die Ohnmacht der deutschen Arbeiterklasse: Horkheimer 910
V.3.2 Dialektische Aufklärung des orthodoxen Marxismus und Revolution: Karl Korsch und Georg Lukács 913
V.3.2.1 Karl Korsch 914
V.3.2.2 Georg Lukács 930
V.3.3 Psychoanalytische Aufklärung des Scheiterns der deutschen Revolution von 1918: Herbert Marcuse, Siegfried Bernfeld, Wilhelm Reich, Erich Fromm 947
VI. Nationalsozialismus: Krise, »deutsche Revolution«, Barbarei 961
VI.1 »Revolution von rechts« – »Sexuelle Revolution« und »proletarische Erhebung«: Henryk Grossmann, Hans Freyer, Wilhelm Reich, Max Horkheimer, Erich Fromm 974
VI.2 Der »Widerstand« der »Märtyrer« und die »Aufgabe der Philosophie«: Kritische Theorie der Gesellschaft (1939–47) 1019
VII. Staatsinterventionismus: Pazifizierung des Klassen-Antagonismus – Befreiung unter der systemrationalen Politik-Ökonomie 1081
VII.1 New-Deal: Integration der Arbeiterbewegung in den kapitalistischen Wohlfahrtsstaat und staatsinterventionistischen Imperialismus 1089
VII.2 Herrschaft als »Technologie« und die »Große Weigerung«: Herbert Marcuses Aufklärung von Konterrevolution und Revolte 1108
VII.3 Die Verdammten dieser Erde als revolutionäres Subjekt: Dependenztheorie und Cubanische Revolution 1173
VIII. Neoliberalismus: Gesellschaftlicher Irrationalismus, Atomismus und Kritik 1221
VIII.1 Neoliberale Dogmen (Hayek), Widersprüche, Kritik 1230
VIII.2 Vom Ordo-Liberalismus zum Ende der Arbeitsgesellschaft. Neue Soziale Bewegungen auf der Suche nach dem richtigen Leben im falschen: Deutscher Soziologentag 1982 1260
VIII.3 Globalisierungskritik: Theorie ohne Praxis, Praxis ohne Theorie – und neoliberale Xenophobie 1290
VIII.3.1 Die abstrakte Kritik antiaufklärerischer Theorien 1296
VIII.3.2 Die abstrakte Kritik antiaufklärerischer Praxen 1335
VIII.4 Die immanente Kritik des neoliberalen Irrationalismus und Sozialatomismus: Die »Emanzipation des Individuums« durch die »Erlösung der Gesellschaft von der Atomisierung« 1401
Literaturverzeichnis 1425