Menu Expand

Verborgener Staat, lebendiges Geld

Scheit, Gerhard

1999

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Neben den Highlights des Kulturbetriebs werden zahlreiche vergessene oder kaum bekannte Phänomene der plebejischen Kultur und der Trivialliteratur analysiert. Darüber hinaus wird gefragt, inwieweit jenes Ritual der Zivilisation von der Aufklärung durchbrochen oder nur neu inszeniert wurde, und worin die Kritik besteht, die auf der Seite der unmittelbar Betroffenen von Heinrich Heine bis Arnold Schönberg - in eigener künstlerischer Praxis geübt wurde. Bei all dem handelt es sich nicht darum, eine Sozialgeschichte des Antisemitismus mit effektvollen Bildern und Szenen zu illustrieren, das Ästhetische - zumal die dramatische und die musikalische Form soll vielmehr als Möglichkeit der Reflexion sichtbar und als solche in der Interpretation auch genutzt werden. Daß Shakespeares Kaufmann von Venedig, Wagners Parsifal oder Fassbinders Der Müll, die Stadt und der Tod es darum verdient hätten, möglichst oft gezeigt zu werden - weil sie diese Möglichkeit ins Spiel bringen -, ist damit noch nicht gesagt. Doch nicht zuletzt für solche und ähnliche Diskussionen hofft diese Kulturgeschichte der Barbarei einige Grundlagen zu schaffen.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Cover U1
Inhaltsverzeichnis 9
Vorwort 13
Himmlischer Staat, verteufeltes Geld 19
Die Vertreibung der Händler aus dem Tempel 19
Stillstand des Opferkults: Die Passion Jesu 22
Die Juden als Akteure des christlichen Opfers 26
Aktivierung des Opferkults im Passionsspiel 32
Die ursprüngliche Akkumulation des Antisemitismus 45
Blut und Geld 51
Opferlamm und ‚Judensau‘: Inszenierung des Pogroms im Fastnachtspiel – und bei Luther 58
Verinnerlichung und Selbstreflexion: Bachs Passionen 68
Anmerkungen 74
Himmel auf Erden, Hölle auf Erden 83
Marlowes Höllenfahrt 83
Dialog und Tausch: Der Jude von Malta 85
Aaron und der Opferkult in Titus Andronicus 93
Dialog und Tausch II: Der Kaufmann von Venedig 100
Der neue Himmel: Shakespeares Utopie 109
Antonios Blut, Shylocks Geld 115
Staat und Liebe in Spanien: Lope de Vegas Jüdin von Toledo 119
Verstellung und Enthüllung: John Webster 121
Jude und Hanswurst – und Sancta Clara 126
Anmerkungen 137
Toleranter Souverän, bürgerlich verbesserte Gesellschaft 145
Reichtum und Vernunft: Lessings Juden 145
Die politische Ökonomie der Toleranz: Shylock der Puritaner und Harpagon der Geizige 153
Das komische Rollenfach des Juden: Shylock, der empfindsame Clown 160
Aufklärung ‚von unten‘ und ‚von oben‘ 163
Kritik des Philosemitismus 170
Reichtum und Vernunft II: Nathans Parabel und Saladins Kredit 177
Lessings Kritik des Geldes 186
Anmerkungen 190
Nationale Befreiung, unverbesserliche Juden / schöne Jüdinnen 197
Nathan der Deutsche 197
Hep-Hep-Dramaturgie: Preußische Judenkarikaturen (Voß, Sessa) 201
Komische Juden-Figuren bei Arnim, Grabbe und Hebbel 210
Assimilation: Happy-End des 19. Jahrhunderts 221
La juive fatale I: Hebbels Judith und Nestroys Parodie 224
La juive fatale II: Grillparzers Rachel und Esther 232
Unbewußte Identifizierung mit dem Judentum 237
Anmerkungen 239
Blonde Bestie, ewiger Jude 251
Schillers Spiegelberg 251
Arnims Ahasverus 257
Das Judentum in der Musik: Wagner 266
Liebe/Ekel – Natur/Arbeit: Siegfried/Mime 277
Struktureller Antisemitismus: Alberich und das Gold 283
Wie antisemitisch kann Musik sein? Alberich-Mime-Hagen in der Musik 289
Beckmesser und die deutsche Kunst 301
Der ewige Siegfried; Freytags braver Bürger, Nietzsches blonde Bestie 308
Deutscher Volksstaat, jüdische Weltverschwörung 312
Erkenne dich selbst: Der „Arier“ erkennt sich nur durch den „Juden“ 317
Die Rückkehr des Blutes: Parsifal 326
Kundry, ewige schöne Jüdin 331
Kundry, bürgerlich verbessert: Richard Strauss, Richard Dehmel und Gerhart Hauptmann 336
Faschistisches Ticket? 340
Alberich und Kundry im Film: Fritz Langs Nibelungen und Metropolis 345
Ästhetisierung des Staats, Vernichtung der Juden 351
Anmerkungen 364
Inversionen 385
Shylock: Börne, Heine, Marx 385
Schöne Jüdin: Grand opéra (Scribe/Halévy) ... 391
... und Volksschauspiel (Mosenthal) 397
Dr. Nathan: Schnitzlers Professor Bernhardi 403
‚Jüdischer Selbsthaß‘ I: Vatermord im Hause Bronner/Bronnen 409
‚Jüdischer Selbsthaß‘ II: Die Letzten Tage der Menschheit als Passionsspiel 413
Ritualmord: Heines/Weisers Rabbi von Bacherach; A. Zweigs Sendung Semaels 417
Rache des Hofjuden: Feuchtwangers Jud Süß 427
Shylocks Neue Sachlichkeit: Bettauers Stadt ohne Juden, Mehrings Der Kaufmann von Berlin 432
Alte Sachlichkeit: Hofmannsthals Der Turm 444
Jud Süss als Konversationsstück: Paul Kornfeld 446
Schöne Jüdin im NS-Staat: Die Jüdische Frau von Brecht/Weigel; Die Rassen von Bruckner 450
Nathans letzter Auftritt: Friedrich Wolf; Else Lasker-Schüler 453
Komisches Rollenfach im Exil: Werfels Jacobowsky und der Oberst 460
Mysterienspiel: Nelly Sachs 464
Das Judentum in der Musik I: Mahler 468
Das Judentum in der Musik II: Adornos Philosophie, Schönbergs Moses und Aron 477
Das Judentum in der Musik III: Konzentrationslager-Symphonie; A Survivor from Warsaw 489
Anmerkungen 495
Öffentliche Philosemiten, verborgene Antisemiten? Anstelle eines Nachworts 509
Zur politischen Ökonomie der neueren Toleranz 509
Der neueste Fall Wagner: Syberberg 513
Lehrstück ohne Lehre, Klassik ohne Konflikt: Frisch, Hochhuth 515
Dokumentartheater ohne Judentum: Peter Weiss 517
Das Allgemein-Menschliche in der Musik: Luigi Nono 521
Antisemitismus konvertibel: Kipphardt 524
Die Wiederkehr des Passionsspiels: Fassbinder 527
Verspätete Gegenwehr und unversöhnlicher Humor 536
Anmerkungen 547
Anhang: Prosperos Zauber, Calibans Arbeit 553
Arbeit und Natur 553
Die Erfindung der Rassen 561
Caliban und Othello 567
Prosperos Utopie und Verzweiflung: Das Ende der Akkumulation 571
Eine Bemerkung zu Tschechov 575
Anmerkungen 581
Nachbemerkung/Dank 587
Nachbemerkung zur zweiten Auflage 587
Namensregister 589