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Zu einer ‚Semantik von unten‘

Medien-, material- und diskursphilologische Studien zu Schrift und Schreiben in der Zeit von 1770 bis 1834

Böhmer, Sebastian

Beiträge zur neueren Literaturgeschichte [Dritte Folge], Bd. 381

2018

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Ab 1770 gerät das im deutschsprachigen Raum etablierte Schriftkonzept der Aufklärung zunehmend unter Druck. In ihm herrschte die mechanistische Vorstellung einer vollständigen Übertragung genau eines Sinns (Signifikat) durch einen ‚reinen‘ Kanal (Signifikant) vor. Es erwies sich jedoch als zunehmend untauglich, um Komplexität zu bewältigen. Die Studie untersucht neue Möglichkeiten schriftlicher Abbildung, die sich um 1800 zeitgleich entwickelten: Einige Autoren hielten am Übertragungsprinzip fest, förderten zu diesem Zweck aber technische Innovationen. Andere thematisierten die Erosion des alten Konzepts und fanden verschiedene Wege, produktiv mit ihr umzugehen. Zudem differenzierte sich ein neues Zeichenmodell aus, das durch den Rekurs auf die materiellen, raumzeitlichen sowie personalen Bedingungen der Schrift eine freie Sinn-Generierung ermöglichte: die ‚Semantik von unten‘.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Cover C
Titel III
Impressum IV
Inhaltsverzeichnis V
1 Einleitung 1
1.1 Programm und Stand der Forschung 1
1.2 Aufbau der Arbeit 5
2 Idealismus der Zeichen. Die ‚Semantik von oben‘ 13
2.1 Sinn und Schrift im Zeitalter der Aufklärung 13
2.2 Denken – Sprechen – Schreiben im 18. Jahrhundert 16
2.3 ‚Wahrheit‘ und Schrift 22
2.4 Die Mechanik der Schrift 29
3 Wege I: Exempel der Effizienz 35
3.1 Exempel der Effizienz 1: Notate. Knigge bewältigt Komplexität 35
3.1.1 Theorie 35
3.1.2 Praxis 36
3.2 Exempel der Effizienz 2: Stenographie. Mosengeil entwirft neue Zeichen 39
3.2.1 Theorie 39
3.2.2 Praxis 43
3.3 Exempel der Effizienz 3: Schreibgerät. Nicolai verwendet einen Füller 45
3.3.1 Theorie 45
3.3.2 Praxis 48
3.4 Exempel der Effizienz 4: Drucklettern. Unger reformiert die Typographie 52
3.4.1 Theorie 52
3.4.2 Praxis 55
3.5 Exempel der Effizienz 5: Herrenschrift und Schreibefaulheit bei Goethe (Diktieren 64
3.5.1 Statt einer Theorie: Goethe in seinem Arbeitszimmer, seinem Schreiber John diktierend. Eine Bildanalyse 64
3.5.2 Praxis: Fremde Hände. Sprechen als bequemes Schreiben 76
4 Wege II: Schrift- und Schreibkonzepte diesseits der ‚Semantik von oben‘ 85
4.1 Umwege, Erweiterungen, Preisgaben. Ein kurzer Überblick 85
4.2 „Drang und Ekel zum Schreiben“. Luise von Göchhausens scheiternde Abbildung von Empfindungen in Schrift 87
4.2.1 Die neue ‚Rede‘ vom ‚Herzen 87
4.2.2 Das neue Schreiben vom und mit dem ‚Herzen‘ 90
4.2.3 Die schreckliche Unmöglichkeit von schriftlicher Übertragung komplexer Gefühle 97
4.2.4 Den Ekel überwinden: Göchhausens schriftliche Halluzination eines „Abends hier beym Kamin“ 105
4.3 Sein Gedicht von Ihrer Hand. Charlotte von Stein soll Goethe schreiben 107
4.3.1 Sinn und Form von Goethes Brief an Charlotte von Stein vom 16. April 1776 108
4.3.2 Goethe bittet um Abschrift seines Gedichts 116
4.3.3 Körperzeichen 118
4.3.4 Verkehrte Schreibe-Welt: Der Dichter will die Frau schreiben machen 123
4.4 „auf eine magische Weise“. Wie und weshalb Goethe Autographe sammelte 125
4.4.1 Einleitung 125
4.4.2 Aufbau der Autographensammlung 132
4.4.3 Die Magie der Schrift 138
4.5.1 Laute und Lettern 149
4.5.2 Reine Signifikanten 151
4.5.3 Die Präsenz der Schrift 159
4.5 Druckletterskulpturen. Wieland entdeckt den ‚reinen Signifikanten‘ 148
4.6 Am Nullpunkt der ‚Semantik‘. Goethes orientalische Schreibübungen als ‚transzendentale Mimesis‘ 162
4.6.1 Versammlung, nicht Verschmelzung. Goethe und der Orient 163
4.6.2 „Soll dich Chisers Quell verjüngen“. Der Urton der Dichtung 167
4.6.3 Bedeutung und Funktion des Schreibakts: Die ‚transzendentale Mimesis‘ 171
5 Wege III: Die Entkopplung des Sinns von der Schrift. Die ‚Semantik von unten‘ 181
5.1 Das Schreiben der Schrift. Zur Genese der Pluralisierung von Sinn 181
5.1.1 Vom Abschreibesystem zum Aufschreibesystem: Herder und Lichtenberg 182
5.1.2 Schreibarbeit: Wieland, Goethe und einige ihrer Zeitgenossen 190
5.1.3 Von der Vollkommenheit zur Vervollkommnung 197
5.1.4 Die Erfindung der ‚Semantik von unten‘ 204
5.2 Körper, Schreibmöbel und Dichtung. Der ‚Schreiber zweiter Ordnung‘ 211
5.2.1 Der Auftakt: Wieland beschreibt einen schreibenden Körper 211
5.2.2 Schreibmöbel 218
5.2.3 Die ‚Semantik von unten‘ als Dichtung 226
5.3 Gefährdete Aufklärung. Licht und Schreiben in Georg Forsters ‚Ansichten vom Niederrhein‘ 231
5.3.1 Ein ‚Schreiber zweiter Ordnung‘ in einem Reisebericht der Aufklärung 232
5.3.2 Die Aufklärung im Wirtshaus 235
5.3.3 Funkensprühendes Licht. Die Aufklärung unter den Bedingungen der ‚Semantik von unten‘ 238
5.4 Dichter diktieren nicht (Diktieren 243
5.4.1 Goethes Apostel 244
5.4.2 Dichtung und Botschaft 250
5.5 ‚Maria Stuart‘ als Drama der Schrift 258
5.5.1 Unterschreiben auf der Bühne 259
5.5.2 Die Schreibszene (IV,10) 266
5.5.3 Schriftpolitik. Semiotik als Problem der Verantwortung 272
5.6 Des Volkes Schrift. Die Überlieferungs- und Dichtungstheorie des Schreibens in Tiecks „Mährchen-Novelle“ ‚Das alte Buch UND Die Reise ins Blaue hinein‘ 275
5.6.1 Das Volk singt, es schreibt nicht 275
5.6.2 Gesammelte Lieder 278
5.6.3 „neu abgeschrieben und bearbeitet“. Tiecks ‚altes Buch‘ als Dichtungstheorie der überlieferten Schrift 284
6 Epilog 301
Dank 305
Literatur- und Siglenverzeichnis 307
Abbildungsverzeichnis 337
Backcover 339