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Macht und Erinnerung

Parteilichkeit und Eigensinn in den Schiller-Jubiläen 1955 und 1959 in Weimar und Jena

Heine, Marcel Thomas

Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800. Ästhetische Forschungen, Bd. 37

2021

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Friedrich Schiller diente seit seinem Tod im Jahr 1805 als Erinnerungsfigur vielen kulturellen, ideologischen und politischen Zielen. Diese Arbeit verfolgt den roten Faden der Erinnerung durch die Schiller-Jubiläen der Jahre 1955 und 1959 in der DDR. Jedoch stehen nicht allein der durch die SED geformte Schiller im Mittelpunkt, sondern auch die Möglichkeiten einer freien Erinnerung unter den Bedingungen der Diktatur. Mit der Betrachtung des universitären Schiller-Gedenkens in Jena werden die Auswirkungen und Grenzen der Deutungshoheit der SED nachvollziehbar. Gleichzeitig gewährt dies einen Einblick in das Spannungsfeld zwischen Parteinahme und Selbstbehauptung, in das individuelle Akteure in Diktaturen geraten. Herrschaft, das ist die grundlegende Prämisse dieser Untersuchung, ist keine Einbahnstraße von der Spitze zur Basis, sondern entsteht in der Wechselbeziehung zwischen der historischen Situation, dem Regime und seiner Weltdeutung sowie den Individuen und ihrem Eigensinn.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Umschlag Umschlag
Titel 3
Impressum 4
Inhaltsverzeichnis 5
Einleitung: Erinnerung und Autorität 9
Vom Tod eines Dichters 9
Nachleben: die zweite Geburt des Friedrich Schiller 12
Zum Gegenstand dieser Arbeit 15
Macht: eine Begriffsbestimmung 17
Gedächtnis- und Erinnerungspolitik: die Schiller-Feiern der SED 19
Der Eigensinn: die akademischen Schiller-Feiern in Jena 23
I Motivation und Ideologie der DDR-Erinnerungskultur 29
1 Legitimationsdefizit und Erinnerungskultur 29
1.1 Geisterbeschwörung: Erinnerung und Legitimation 29
1.2 Demokratischer Abbruch: dieWahlen in der SBZ/DDR 1946-1950 33
1.3 Das neue Deutschland: der Staatsgründungsprozess der DDR 37
1.4 Der Drang nach Teilhabe 45
2 Modus und Methode der Erinnerung 51
2.1 Die Ordnung der Geschichte: von Marx und Engels zu Lenin 51
2.2 Der Feind als zentrale Figur der Legitimation der Einheitspartei 54
II Friedrich Schiller für ein neues Deutschland: dieWeimarer Gedenkreden 61
1 Für das ganze Deutschland: Schiller und die unteilbare Nation (1955) 61
1.1 Fürsten, Führer, Kanzler: auf dem Holzweg der deutschen Geschichte 61
Die moderate Stimme: Johannes R. Becher und die guten Bürger 61
Die Stimme des Kampfes: Otto Grotewohl klagt an 65
1.2 Das andere Deutschland: die Geschichte einer Erlösung 70
Weimarer Revolutionäre 70
Friedrich Schiller und die Bewegungsgesetze der Geschichte 73
Die DDR, Schillers „Traumstaat“ 75
1.3 Frieden und Verteidigung 79
Im Namen der Heimat: die Militarisierung der Ostdeutschen 79
Die Verteidigung von Schillers „Traumstaat“ 82
Friedrich Schiller als Dichter und Kämpfer 85
2 Eine neue Macht auf Erden (1959) 87
2.1 Entstalinisierung und stalinistischeWiedergänger 87
2.2 Ein Traum ist erfüllt: Alexander Abuschs Staatsrede (1959) 92
Ein alter Feind: zweiWege deutscher Geschichte 92
Ein neues Machtvertrauen: die DDR in ihrer Einzelstaatlichkeit 96
Ein sozialistischesWeltreich von der Elbe bis zum Pazifik 98
Das Rad der Geschichte: Friedrich Schiller geht im Kreis 105
3 Zurück zur Quelle: Franz Mehring, Friedrich Schiller und die Revolution 107
3.1 Die Überwindung alter Irrtümer: die SED und Franz Mehring 107
Die Idee der „deutschen Misere“ 107
Auf den Platz verwiesen: die Partei hat das letzteWort 111
3.2 Im Morast der „deutschen Misere“ 117
Friedrich Schiller und die Französische Revolution 117
Des Dichters Irrweg: zwischen Kant und „deutscher Misere“ 120
Weimarer Klassik im revolutionären Geiste 126
4 Für den neuen Menschen: der sozialistische Realismus und der neue Leser 129
4.1 Die Erfindung einer Staatskunsttheorie 129
Deutungshoheit und Vagheit im sozialistischen Realismus 129
Von Moskau nach Berlin: der Import des sozialistischen Realismus 134
4.2 Volkseigene Kunsttheorie 136
Realismus gegen Formalismus 136
Die schöne Form 142
Typische Forderungen 144
Macht und Kunst: der „Ingenieur der menschlichen Seele“ 147
4.3 Der neue Mensch des Sozialismus 151
Kanon und Deutung 151
Schillers Tod und der Staatsleser 154
Keine Ruhe im Lesesaal 158
III Jenaer Schiller-Reden 161
1 Josef Hämel: Schiller als Mensch, Mediziner und Professor (1955) 161
1.1 Die akademische Lebenswelt der SBZ/DDR (1945-1955) 161
Bildungsbürgertum und Intelligenz der Arbeiterklasse 161
Die Reinigung derWeste: Josef Hämel erfindet sich neu 166
1.2 Die Ansprache Josef Hämels 175
Der Mensch Friedrich Schiller 175
Schiller als Dichterarzt 179
Friedrich Schiller und die Jenaer Universität 181
Erziehung und Menschenbild 184
Einheit und Freiheit 189
2 Eigensinnige Parteilichkeit: Joachim Müllers erste Schiller-Rede (1955) 191
2.1 Ehrgeiz und Opportunismus 191
Aller Neuanfang ist schwer 191
Joachim Müllers Einsatz für ein neues Deutschland 198
2.2 Ein Versuch über Schiller: Nation, Ästhetik und der neue Mensch 204
Ein deutscher Kämpfer 204
Schillers politisches Leben 207
Schillers Ästhetik als Befreiungsideologie 211
Revolution und ästhetische Erziehung 215
Für die Einheit der Nation: die ästhetische Erziehung und das Volk 219
3 Hinter Masken: Joachim Müllers zweite Schiller-Rede (1959) 222
3.1 Auf demWeg zur „sozialistischen Hochschule“ (1955-1959) 222
Die „Verschärfung des Klassenkampfes“ an den Hochschulen 222
Joachim Müller nach 1955 228
3.2 Die Antwort eines Germanisten auf parteiliche Kritik 237
Heimkehr: Jena als Schillers Ort derWandlung und Reife 237
Ein Genius zwischen Enthusiasmus und Not 239
Schiller und Goethe: reine Privatsache 242
Professor Müller, versteckt hinter Historizität 244
Spuren der Parteilichkeit 248
Schlussbemerkungen: die Macht der Partei und ihre Grenzen 255
Semiotik der Macht 255
Die Schiller-Jubiläen der DDR in synchroner und diachroner Perspektive 262
Die Instabilität des SED-Staates und der Eigensinn 266
Danksagung 269
Abkürzungsverzeichnis 271
Quellen- und Literaturverzeichnis 273
Rückumschlag Rückumschlag