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Polarisierungen der Antike

Antike und Abendland im Widerstreit – Modellierungen eines Kulturkonflikts im Zeitalter der Aufklärung

Meuer, Marlene

Germanisch-Romanische Monatsschrift. Beihefte, Bd. 85

2017

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Die Antike ist zur Aufklärungszeit das bevorzugte Medium der zeitgenössischen Selbstauslegung und damit eine Fiktion mit Interessencharakter: Sie wird zur Meistererzählung im Prozess der kulturellen und politischen Selbsterfindung Europas. Die Studie fächert systematisch die Beziehungsmöglichkeiten von Antike und Christentum auf und rückt eine davon ins Zentrum: polarisierende Überordnungen der Antike in historischen Vergleichsmodellen. Anhand von eingehenden Textanalysen zeigt sie, dass dieses kulturelle Konfliktmuster die aufklärerischen Diskurse weitgehend durchdringt – Geschichtsdenken, Anthropologie, Kosmologie, Theologie, Poetologie, Gesellschafts-, Rechts- und Staatsphilosophie. Die kulturelle Konfliktinszenierung und die polarisierende Indienstnahme der Antike ist für zentrale Vertreter der Aufklärung insofern auf genuine Weise charakteristisch, als sie mit dem aufklärerischen Leitbegriff der ‚Kritik‘ korrespondiert: Kritik beruht auf polaren Beziehungsformen.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Cover C
Titel 3
Impressum 4
Inhaltsverzeichnis 7
Einleitung 9
I GRUNDLEGUNG: Typologie der Aneignungsstrategien und Begegnungsformen zwischen Antike und Christentum 49
1. Christlich perspektivierte Unterordnungen der griechisch-römischen Kultur seit der Spätantike 55
2. Fallstudie: Zwei griechische Figuren im Wandel der Zeit: Odysseus und Sokrates von Dante bis Sebastian Brant 91
3. Überordnungen der griechisch-römischen Kultur in antik-zeitgenössischen und antik-christlichen Vergleichsmodellen seit der Spätantike 129
II HISTORISCH-SYSTEMATISCHE EINFÜHRUNG: Die Antike als kulturelles Leitmodell und als Sinnbild der Freiheit im Jahrhundert der Aufklärungsbewegung 149
1. Die aufklärerische Neuformierung des Antikediskurses nach dem Ende der Querelle des ‚Anciens et des Modernes‘ 151
2. „Winckelmann und sein Jahrhundert“ – die Neubegründung der Antikerezeption während der Jahrhundertmitte 171
III DIE ANTIKE IM ZEITGENÖSSISCHEN GESCHICHTSDENKEN: Aufklärerische Geschichtsideologie, klassizistische Geschichtsverklärung, antichristliche Gedächtnispolitik und idealistische Geschichtsphilosophie 181
1. Rousseaus aufklärerische Geschichtsideologie: ‚Anciens und Modernes‘ im geschichtsphilosophischen Entwicklungsmodell des ‚Discours sur l’inégalité‘ 185
2. Winckelmanns klassizistische Geschichtsverklärung: Von der Idealisierung der Griechen zur Idealisierung der griechischen Geschichte 227
3. Voltaires antichristliche Gedächtnispolitik: Der ‚Éloge historique de la Raison‘ 235
4. Geschichtliche Differenzerfahrung und Griechentum als sentimentalische Gegenwelt in Schillers Lyrik und Philosophie 247
IV THEMENBEREICHE: Antik-zeitgenössische und antik-orthodoxe Konfliktinszenierungen im aufklärerischen Antikediskurs 287
1. Anthropologie: Anakreontische Aufwertung des Menschen als Sinnenwesens, epikureische Glückserfüllungen und ganzheitliche Entfaltung im Diesseits 291
2. Kosmologie und Theologie: Materialismus, Pantheismus und monistische Variationen 295
3. Ein kosmologischer Sonderfall – Platonismus: Pluralisierungen, Popularisierungen, Polarisierungen 311
4. Genieästhetik und Poetologie: Eroberung der Schöpferkraft, Sakralisierung der Inspiration und der Verkündungsauftrag des Dichters und der Dichtung 345
V SCHWERPUNKTANALYSE POLITIK: Die Reetablierung säkularer Herrschaftslegitimation im Medium politisierter Antikerezeption 357
1. Exkurs: Historische Korrelationen von Religion und Politik 361
2. Rousseaus politiktheoretische Grundlegung innerweltlicher Argumentationsmuster im ‚Contrat social‘ 383
3. Popularisierung republikanischen Denkens in der zeitgenössischen Tragödiendichtung – Voltaire, Lessing, Schiller 427
4. Historische Vollkommenheit und zeitloser Vorbildcharakter: Die gesellschaftspolitischen Implikationen der antiorthodox-philhellenischen Philosophie in Hölderlins Tübinger Hymnen 461
5. Politische Irrwege griechischer „Schwärmer“ – Hölderlin reflektiert das Scheitern der Französischen Revolution 481
VI ENTWICKLUNGSVERLÄUFE: Neue Ideologien, Distanzierungen, synthetisierende Versöhnungen 523
1. Neue Ideologien im revolutionären Frankreich 527
2. Distanzierungen vom Antikekult und Relativierungen des Antikebildes bei Lessing und Schiller 533
3. Neue Synthesen und Versöhnungen des antikchristlichen Kulturkonflikts in Hölderlins Spätwerk 549
Ausblick 599
Literaturverzeichnis 617
Backcover 665