
BUCH
Das Versprechen der Freundschaft
Politik und ästhetische Praxis jüdisch-nichtjüdischer Freundschaften in der deutschsprachigen Literaturgeschichte seit der Aufklärung
Germanisch-Romanische Monatsschrift. Beihefte, Bd. 110
2023
Zusätzliche Informationen
Bibliografische Daten
Abstract
Die vorliegende Studie bietet eine am Begriffsfeld der Freundschaft neu ausgerichtete literaturgeschichtliche Perspektive auf die kommunikative Begegnungssituation deutschsprachiger jüdischer und nichtjüdischer Autor*innen seit der Aufklärung. Dazu wird eine diachrone Reihe exemplarischer Freundschaftskonstellationen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert untersucht (u. a. Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing, Fanny Lewald und Therese von Bacheracht, Walter Benjamin und Fritz Heinle, Karl Wolfskehl und Stefan George, Hannah Arendt und Karl Jaspers). Anhand ihrer lässt sich nachvollziehen, inwiefern das von der Aufklärung formulierte, doch vielfach missverstandene ‚Versprechen der Freundschaft‘, das darin bestand, Gleichheit in Anerkennung von Differenz zuzulassen, diese Begegnungsgeschichte geprägt hat. Leitend für diese Studie ist der Blick auf den Zusammenhang von Politik und ästhetischer Praxis der Freundschaft, denn der Charakter der jeweiligen Freundschaft war zumeist nicht nur politischen Bewährungsproben unterworfen, sondern schlug sich ebenso in der kommunikativen wie ästhetischen Gestaltung des Werkes der Freunde und Freundinnen nieder.
Inhaltsverzeichnis
Zwischenüberschrift | Seite | Aktion | Preis |
---|---|---|---|
Umschlag | Umschlag | ||
Titel | 3 | ||
Impressum | 4 | ||
Inhaltsverzeichnis | 5 | ||
1 Freundschaft. Neue Perspektiven eines alten Paradigmas | 11 | ||
1.1 Hannah Arendt, Gershom Scholem und das Spannungsfeld zwischen Liebe und Freundschaft | 11 | ||
Das Versprechen der Freundschaft und die Geschichte jüdischer Emanzipation | 11 | ||
Eine unzeitgemäße Besinnung: Hannah Arendt, Gotthold Ephraim Lessing und das (Streit-)Gespräch der Freundschaft | 15 | ||
Das Denkmodell von der ‚deutsch-jüdischen Symbiose‘, seine Ursprünge und seine Abgründe | 27 | ||
Gershom Scholems ‚Machtwort‘ von 1962 als Bestätigung eines alten Standpunkts | 31 | ||
„Die Liebesaffäre der Juden mit den Deutschen“: Der problematische Horizont einer Diskurstradition im Zeichen der Liebe | 35 | ||
Arendt, Scholem und die Praxis des Freundschaftsdisputs als alternatives Modell | 41 | ||
1.2 Perspektiven der Freundschaft auf das jüdisch-nichtjüdische Verhältnis: Politik und Ästhetik einer kommunikativen Schreibpraxis | 47 | ||
1.3 Forschungsstand | 54 | ||
1.4 Gang der Untersuchung, Methode und Materialauswahl | 60 | ||
2 Topik der Freundschaft. Eine Diskursgeschichte | 67 | ||
2.1 „Nichts anderes als eine Geschichte der Welt“. Diskursstränge der Freundschaft | 67 | ||
2.2 „Was sind Freunde? Gleichgesinnte.“ – Verschmelzungsfantasien und Ausgrenzungslogiken | 73 | ||
2.3 Patronage, Nutzenfreundschaft und notwendige Differenz zwischen den Freund*innen | 79 | ||
2.4 Freundschaft als Staats- und Gemeinschaftsmodell und der Zweifel am öffentlichen Raum in der Moderne: Freundschaft politisch gedacht | 85 | ||
2.5 „Mehr noch wunderte ich mich, daß ich selbst, da ich doch ein zweiter Er gewesen, noch lebte, nun, da er tot war.“ Die Nachträglichkeit der Rede über Freundschaft | 93 | ||
2.6 Die Probe, das „zeugende Gespräch“ und die dichterische Produktivität der Freundschaft als ästhetische Praxis | 100 | ||
2.7 Immanente Widersprüche und die Textur des Diskurses | 109 | ||
3 Die Genese der jüdischen Emanzipationsgeschichte und der Geist der Freundschaft im 18. Jahrhundert | 111 | ||
3.1 Theorien aufgeklärter Geselligkeit und das sozialethische Versprechen der Freundschaft | 111 | ||
3.2 Formen der Partizipation im Zeichen der Freundschaft. Am Beispiel Moses Mendelssohns | 118 | ||
3.3 Mendelssohns Verständnis von Freundschaft im Horizont christlichen, jüdischen und griechischen Denkens | 124 | ||
3.4 Diesseits eines versprochenen Ideals: Die prekäre Praxis der Freundschaft eines Juden im 18. Jahrhundert | 127 | ||
3.5 Das Wagnis der Freundschaft im Spannungsverhältnis zur Geschichte jüdischer Emanzipation in Deutschland | 134 | ||
4 Jüdisch-nichtjüdische Freundschaften in der deutschsprachigen Literaturgeschichte seit der Aufklärung | 147 | ||
4.1 Moses Mendelssohn, Gotthold Ephraim Lessing und das Projekt einer auf Toleranz gegründeten Freundschaft unter Aufklärern | 147 | ||
Vom Mythos zur Praxis. Eine Freundschaft mit ideologischen Hypotheken | 147 | ||
Spinoza, Lessing und die gefährdete Freundschaft | 153 | ||
In zwei Welten und zwischen den Stühlen: Moses Mendelssohn als ‚Maskil‘ und als Aufklärer | 162 | ||
Solidarität, Entlarvung des Vorurteils und indirekte Parteinahme: Lessing und das Judentum | 173 | ||
Differenz und Einvernehmen: Lessings ‚Die Erziehung des Menschengeschlechts‘ und Mendelssohns Kritik | 182 | ||
Nathan, die Freimaurer und der produktive Dialog „sympathisierender Geister“ | 188 | ||
Die christliche Orthodoxie zum Einsturz bringen. Gemeinsame Ziele, widerstreitende Gemüter, gegensätzliche Strategien | 203 | ||
Doppelte Buchführung zwischen den Religionen. Der Preis einer Freundschaft im Modus kritischer Anteilnahme | 213 | ||
An die Freunde Lessings: Das aufgeklärte Judentum und der gerettete Freundschaftsdialog | 222 | ||
4.2 Rahel Levin Varnhagen und Clemens Brentano: Das Scheitern einer Diskursutopie im Zwischenraum von Aufklärung und Romantik | 226 | ||
Eine brisante Konstellation in einer von Krisen erschütterten Zeit | 226 | ||
Die Vorgeschichte einer Begegnung mit denkbar schlechten Voraussetzungen | 228 | ||
Von der Aufklärung zur ‚Assimilation‘: Jüdinnen in Berlin um 1800 | 232 | ||
Clemens Brentano, die Berliner Romantik und ihr schwelender Antijudaismus | 236 | ||
Gemeinsame Horizonte, differierende Freundschaftskonzepte und -erfahrungen | 240 | ||
Ein zwiespältiges Freundschaftsangebot im Zwischenraum von Kunst und Leben | 247 | ||
Die missverstandene Offenheit und das Scheitern einer Diskursutopie | 254 | ||
„Sie haben mich nicht verstanden; ich habe sie sehr, sehr lieb!“ Enttäuschung und Rückfall | 262 | ||
4.3 Fanny Lewald und Therese von Bacheracht: Eine Schriftstellerinnenfreundschaft im Zeichen von Revolution und Emanzipation | 267 | ||
Zwei sehr unterschiedliche Frauen – ein gemeinsames Schriftstellerinnenleben | 267 | ||
1848 – Erkenntnismomente der Freundschaft | 270 | ||
Fanny Lewald – das politische Ethos einer konvertierten Jüdin | 273 | ||
Auch eine Emanzipationsgeschichte. Therese von Bacherachts Annäherungen an ein ihr fremdes Judentum | 280 | ||
Politik-, Emanzipations- und Weiblichkeitsdiskurse in den Grenzen ständischer Ordnungsvorstellungen bei Therese von Bacheracht | 285 | ||
Ungleiche Lebenswelten und die „geheimnisvolle Kraft“ der freundschaftlichen Anziehung: Blicke auf die Freundin | 291 | ||
Freundschaft und Liebe im Spannungsfeld gesellschaftlicher Ordnungsmuster: Fanny Lewald und Therese von Bacheracht in ihren Briefen und Werken | 298 | ||
Testamente der Zusammengehörigkeit | 308 | ||
4.4 Berthold Auerbach und Gustav Freytag: Die Geschichte einer im Ästhetischen ungebrochenen, im Politischen folgenlos verbleibenden Freundschaft und der Schatten des neuen Antisemitismus | 313 | ||
Repräsentativität und Ambivalenz einer Freundschaft | 313 | ||
„Mir ging das Herz auf, den alten treuen Genossen wieder zu haben“. Vertraute Übereinstimmung und Schuldgefühle | 316 | ||
Die vollzogene Emanzipation und der neue ‚furor teutonicus‘ der Antisemiten | 319 | ||
Ressentiments gegen ‚den Osten‘. Freytags zwiespältiges Engagement für die deutschen Juden und Jüdinnen | 325 | ||
Spielarten der Männerfreundschaft und die „Grenzlinie“ zur Liebe | 333 | ||
Verborgene Anspielungen, offene Freundeskritik | 340 | ||
Dialogische Parallelen im Werk, Anzeichen der Differenz | 346 | ||
Der ‚furor‘ des jüdischen Literaturkritikers und der abgekehrte Blick des christlichen Freundes | 355 | ||
4.5 Walter Benjamin und Fritz Heinle: Lehre und Poetik einer „Freundschaft der fremden Freunde“ | 359 | ||
Im Spiegelbild des toten Freundes die Jugend einer Generation | 359 | ||
Das Zeitschriftenprojekt „Angelus Novus“: die „unaussprechliche Gemeinschaft“ und das fortwährende Andenken des Freundes | 365 | ||
Benjamins „streng dualistische Lebensauffassung“, sein Programm eines „Zionismus des Geistes“ und die jüdische Idee des Literaten | 372 | ||
„Freundschaften, die auf Gefahr beruhen“: Im Horizont eines rassistischen Antisemitismus auch in den Kreisen der Jugendbewegung | 381 | ||
Programmatische Gegensätze und „innigste Gemeinschaft“: Benjamins Freundschaftsdenken als Ausdruck seiner Jugend- und Sprachphilosophie | 388 | ||
Ein Mosaik fremder Freunde und die Poetologie eines neuen Zusammenhangs | 398 | ||
Der Geist Heinles im Werk Benjamins: Konstellationen dichterischen Gedenkens und Benjamins Sonette | 404 | ||
Stefan George, die Gefahr der Konstellation und das Andenken des christlichen Freundes in der Dichtung | 413 | ||
4.6 Karl Wolfskehl und Stefan George: Eine in der Dichtung aufgehobene, im Leben zur Illusion gewordene Freundschaft | 420 | ||
Zugänge zu einer langen, verwickelten und immer wieder in Frage gestellten Freundschaft | 420 | ||
Die letzten Jahre: Karl Wolfskehl an der Schwelle vom Bund der ‚Jünger‘ zum Bund mit Gott | 424 | ||
„Karol. Ulait. Foliat. Zionist.“ – Karl Wolfskehls Judentümer und ihre Verflochtenheit mit anderen Geisteswelten | 431 | ||
Stefan George und die Juden und Jüdinnen in seinem Kreis: Zwiespalt, Ambivalenz und Negativität | 441 | ||
Die jüdischen Freunde und Freundinnen und das ‚Geheime Deutschland‘: Geschichte einer trügerischen Integration | 450 | ||
Der vergeistigte Eros George’scher Prägung und Karl Wolfskehls Freundschaftsrausch ‚oder‘ Die Vereinbarkeit scheinbarer Widersprüche | 455 | ||
Suggestive Vertrautheit und der Dialog der Freunde im, über und durch das Werk | 464 | ||
Die Kultivierung der Priesterschaft Georges und die Begegnung im „nächtigen Raum“ der Dichtung | 473 | ||
Coda: Die Beschwörung einer unverbrüchlichen Verbundenheit als Illusion bis zum Lebensende | 478 | ||
4.7 Hannah Arendt und Karl Jaspers: Wagnis und Wirklichkeit einer Freundschaft unabhängiger Geister nach der Shoah | 482 | ||
Hannah Arendts „Eros der Freundschaft“ | 482 | ||
Von der „Spannung eines erregenden Sprechenkönnens in einem doch gemeinsamen Raum“: Die Genese einer Freundschaft | 485 | ||
Hannah Arendts Selbstverständnis als Jüdin zwischen Zionismus, Pariatum und programmatischer Offenheit | 488 | ||
„Daß ich nicht aufhören werden, Sie als ‚Deutsche‘ zu beanspruchen“: Karl Jaspers’ Verständnis von Judentum und Deutschtum | 493 | ||
Reflexionen einer Freundschaft im Zeichen der Differenz | 502 | ||
Der Eichmann-Skandal und das Wagnis der Öffentlichkeit | 509 | ||
Der schwankende Boden der Freundschaft und die Unabhängigkeit des Denkens | 516 | ||
Das freie Gespräch unabhängiger Geister | 523 | ||
5 Das immer schon prekäre Versprechen der Freundschaft | 527 | ||
5.1 „Ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig.“ Noch einmal: Hannah Arendt und Gershom Scholem | 527 | ||
5.2 Das prekäre Versprechen der Freundschaft und die Geschichte des jüdisch-nichtjüdischen Verhältnisses. Vom Nutzen der ‚Friendship Studies‘ | 534 | ||
5.3 Coda: Die bleibende Aktualität einer prekären Praxis der Freundschaft | 540 | ||
Literaturverzeichnis | 547 | ||
I. Archivquellen | 547 | ||
II. Korrespondenzen | 547 | ||
III. Primärquellen | 549 | ||
IV. Sekundärquellen | 554 | ||
Personenregister | 587 | ||
Dank | 593 | ||
Rückumschlag | Rückumschlag |