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Die Regierung des Mangels

Hunger in den skandinavischen Literaturen 1830–1960

Felcht, Frederike

Skandinavistische Arbeiten, Bd. 28

2021

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Mit Skandinavien assoziieren heute die meisten Menschen eine wohlhabende Weltregion, die vorbildliche soziale Sicherungssysteme hat. Dieses Buch erzählt davon, dass dieser Wohlstand jedoch mühsam errungen werden musste und historisch relativ jung ist. Literarische Darstellungen armutsbedingten Hungers geben Aufschluss über skandinavische Konstruktionen von Identität und deren Wandel. Die Vorstellung von einer im Hunger geeinten Nation wich einer Kritik gesellschaftlicher Ungleichheit, die zu neuen politischen Idealbildern führte. Hunger erweist sich darüber hinaus als poetologisch produktives Thema und Motiv. Die Studie untersucht Repräsentationen von Hunger in einflussreichen und bekannten Texten der skandinavischen Literatur, z. B. den Nationalhymnen Finnlands und Norwegens, Knut Hamsuns ‚Sult‘ (‚Hunger‘, 1890), Martin Andersen Nexøs ‚Pelle Erobreren‘ (‚Pelle der Eroberer‘, 1906–1910) oder Vilhelm Mobergs Auswanderer-Tetralogie (1949–1959), und setzt diese in Beziehung zu ihren historisch-diskursiven Kontexten.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Umschlag C
Titel 3
Impressum 4
Inhaltsverzeichnis 5
0 Dank 7
1 Einleitung: Geschichte(n) des Hungers 9
1.1 Wahrnehmungen, Diskurse, Repräsentationen: Zur Geschichte des Hungers 9
1.2 Eine Ästhetik der Knappheit 22
1.3 (K)eine Literaturgeschichte des Hungers in Skandinavien: Zur Textauswahl und den Grenzen der Arbeit im Kontext der Forschung zu Hunger und Literatur 25
2 Nationaler Hunger 31
2.1 Ein armes Land: Johan Ludvig Runeberg 34
2.1.1 Der ideale Landwirt: „Bonden Paavo“ (Der Bauer Paavo,1830) 38
2.1.2 Natur, Hunger und Armut in „Några ord om nejderna, folklynnet och lefnadssättet i Saarijärvi Socken.“ (Einige Worte über die Gegenden, die Gemütsart und die Lebensweise in der Gemeinde Saarijärvi, 1832) 57
2.1.3 Anerkennung und Mitleid: Der Spendenaufruf im ‚Helsingfors Morgonbladet‘ (Das Helsingforser Morgenblatt, 1832) 71
2.1.4 Armenfürsorge aus einer nationalökonomischen Perspektive: „Fattigvården i England.“ (Die Armenfürsorge in England, 1836) 74
2.1.5 Natürliche Armut: „Vårt land“ (Unser Land, 1847) 78
2.2 Bjørnstjerne Bjørnsons „Ja, vi elsker dette landet“ (Ja, wir lieben dieses Land, 1859/1863/1870) – die Geburt der Freiheit aus Hungersnot und Krieg 102
2.3 Überlegene Armut: Henrik Ibens „Terje Vigen“ (1862) 110
3 Auflösung der Gemeinschaft – Zusammenhang der Form: Karl August Tavaststjernas Hårda tider (Harte Zeiten, 1891) 117
3.1 Paavo wird vermisst 117
3.2 Pastoralidyllen und Axtmorde 132
3.3 Das unsichtbare Drama 137
3.4 Politisch Geschichte(n) schreiben 149
3.5 Wie helfen? 153
4 Der Hunger des Modernismus 163
4.1 Produktiver Hunger: Knut Hamsuns ‚Sult‘ (Hunger, 1890) 164
4.1.1 A-sozialer Hunger 164
4.1.2 ‚Sult‘ und die Sprachkrise des Modernismus: Das Beispiel ‚Kuboaa‘ 172
4.1.3 Unersättlichkeit und Ekel: ‚Sult‘ als Allegorie des Kapitalismus 176
4.1.4 Hunger und Medizin in ‚Sult‘ 185
4.1.5 Die Ordnung der Gesellschaft: Polizei und Hygiene 192
4.1.6 Tierwerdung, Ich-Auflösung und Hunger als Textsubjekt 196
4.2 Von Affirmation zu Kritik: Elmer Diktonius’ ‚Min dikt‘ (Mein Gedicht, 1921) und Hårda sånger (Harte Gesänge/Lieder, 1922) 199
4.2.1 Dichten als Zerfleischen 199
4.2.2 Schöpferischer Hunger: Diktonius’ physiologische Ästhetik 206
4.2.3 Die Gemeinschaft der Hungernden 214
4.2.4 Distanznahme: Die Philosophie der Hungernden 219
5 Verteilen 229
5.1 Die leeren Plätze und die leeren Mägen: Martin Andersen Nexø 230
5.1.1 Hunger als Waffe im kapitalistischen Kampf ums Dasein: ‚Pelle Erobreren‘ (Pelle der Eroberer, 1906–1910) 230
5.1.2 Lebendiges Elend, bitterer Genuss: Poetologische Aspekte des Hungers in ‚Pelle Erobreren‘ 240
5.1.3 Der Hunger der Armen und der große Bauch des Kapitalismus: ‚De tomme Pladsers Passagerer‘ (Die Passagiere der leeren Plätze, 1921) 244
5.2 Durch Essen zur Moral: Trygve Gulbranssens Bjørndal-Trilogie (1933–1935) 258
5.2.1 Faschistische Romane? Literaturgeschichtliche Verwerfungen 258
5.2.2 Die Form der Romane 267
5.2.3 Moralische Ökonomie 274
5.2.4 Befreiung von der Not: Essen in der Bjørndal-Trilogie 280
5.3 Den Hunger hinter sich lassen: Vilhelm Mobergs ‚Utvandrarna‘-Tetralogie (Die Auswanderer-Tetralogie, 1949–1959) 286
5.3.1 Die Wahrheit der Geschichte: Realismus und die ‚Utvandrarna‘-Romane 286
5.3.2 Der Auftakt von ‚Utvandrarna‘ und die Erzählform der Romane 298
5.3.3 Hunger und Essen 310
5.3.4 Ökonomien von Mangel und Überfluss: Die Leitmotive Apfel, Erde, Wasser, Geld/Gold 320
5.3.5 Den Hunger erinnern 349
6 Schlussbemerkung: Die Wiederkehr des Mangels 353
7 Literatur 355