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Erzählen und implizite Anthropologie

Exemplarische und vergleichende Beiträge zu Novellen der Renaissance

Meter, Helmut

Studia Romanica, Bd. 214

2019

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Die Beiträge des Buches widmen sich romanischen Novellen aus Spätmittelalter und Renaissance und sind der übergeordneten Frage nach einem neuen Menschenbild in diesen verpflichtet. Dabei richtet sich das Erkenntnisinteresse auf eine erzählimmanente Anthropologie, deren Konturen zum Teil über den literarischen Vergleich verdeutlicht werden. Da die Renaissance einen Umbruch kultureller Gewissheiten mit sich bringt, erweist sich die narrative Suche nach dem, was den Menschen angesichts seines Denkens und Tuns essentiell ausmachen soll, als zentral. Eine Epoche, die für die Neuorientierung des reflexiven und sinnlichen Zugangs zur Welt steht, kann indes nur bedingt bereits gefestigte Anschauungen neugefasster humaner Identität bereitstellen. Das Erproben unterschiedlicher Ansätze dominiert. Für ein solches Vorgehen ist das Genre der Novelle als ein damals noch relativ offenes sehr geeignet. Boccaccio, Bandello und Marguerite de Navarre bilden den Kern der Betrachtungen.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Umschlag Umschlag
Titel 3
Impressum 4
Inhalt 5
Vorwort 11
1 Einleitung. Im Vorhof der Anthropologie – Menschenbilder in der Renaissancenovelle 13
1.1 Implizite Auffassungen vom Menschen in der Renaissancenovelle 13
1.2 Das heterogene Bemühen um eine Basis menschlicher Eigenschaften 15
1.3 Fiktionale Charakteristika des Humanen 19
1.4 Der Nexus von Erzählweise und erzählter Anthropologie 21
1.5 Textinterpretation als Verfügbarmachen von Sinnhorizonten 24
2 Timonedas „patraña octava“ und der achtundzwanzigste Gesang des „Orlando Furioso“. Ein Aspekt des Imports der Renaissancenovelle in Spanien 27
2.1 Timonedas „El Patrañuelo“ als Sammelbecken italienischer Renaissancenovellen und die Sonderstellung der „patraña octava“ als Prosafassung einer Versnovelle aus dem „Orlando Furioso“ 27
2.2 Die Gegenüberstellung beider Erzählfabeln und die unterschiedliche Beurteilung weiblicher Untreue: Ariosts Bemühen um anthropologische Erkenntnis im Unterschied zu Timonedas normativem Moralverständnis 29
2.3 Die Erkundungsreise der Freundespaare weiblicher Standhaftigkeit in Fragen der Liebe: zu Ariosts wertneutraler Feststellung des Fehlens von Treue und Keuschheit der Frauen und Timonedas misogyner Denunziation des untreuen ,weiblichen Geschlechts‘ 34
2.4 Die narrativen Schlusspartien und die differentielle Qualität beider Versionen: zur konstitutionell gegebenen Untreue der Frauen als selbstironisch zu akzeptierendem Faktum bei Ariost und als Gegenstand von Ranküne geprägter „dissimulatio“ bei Timoneda 37
2.5 Zum signifikanten Unterschied der Novellenfassungen: der Hiat von Kongruenz der Handlungsmuster und Divergenz der Semantiken. Exempel-Tradition und didaktisch bestimmte Antinomie der Texte 40
3 Von der Renaissancenovelle zu Elementen einer „scientia sexualis“: Brantômes „Dames galantes“ 45
3.1 Die „Dames galantes“ als Mischgenre und der sie bestimmende Kommunikationscode der Sexualität 45
3.2 Brantômes Technik der semantischen Umpolung von Basistexten der italienischen Renaissance: zum Beanspruchen anerkannter Autoren für eigene Ideologeme anhand von Aretinos „Sonetti lussuriosi“ und Ariosts „Orlando Furioso“ (Gesänge XLII, XLIII und IV) 48
3.3 Die subversive Metamorphose von Bandellos Novelle II,44 und die subtile Umgestaltung von Boccaccios Alatiel-Figur („Decameron“ II,7): zur erotisch unersättlichen Frau als obsessiver Denkfigur bei Brantôme 53
3.4 Von der sozialethischen Grundlage des Originals zum sensualistischen Plädoyer: die trügerische Intertextualität im Anverwandeln einer Kernszene aus Boccaccios „Filocolo“. Zur Inszenierung einer konstitutionellen luxuria der Frauen 56
3.5 Das Bemühen um eine anthropologische Klassifikation sexuellen Verhaltens. Moralisierender Habitus im Erzählgestus und Anzeichen von Affektmodellierung 60
4 Boccaccio in modernem Gewand. Aldo Busis „Decamerone. Da un italiano all’altro“ 63
4.1 Das „Decamerone“ und Busis Intention der Übertragung von Boccaccios Novellarium in einen funktionsadäquaten zeitgenössischen Text 63
4.2 Die Verfremdung der mittelalterlichen Welt durch eine aktualitätsbestimmte Semantik und Syntax: Wie das historisch Vergangene an das Hier und Jetzt assimiliert wird („Decameron“ IX,3; X,9) 65
4.3 Die ideologische Umpolung des Originals im mikrokontextuellen Bereich: zur Abwandlung des signifikanten Details sowie zu dessen Unterschlagung („Decameron“ X,9; VI,2; II,2) 68
4.4 Die Auflösung der Alterität von Boccaccios Welt in einer ahistorischen Anthropologie 72
5 Die ritualisierte „beffa“. Boccaccios Calandrino-Novellen 75
5.1 Calandrino als gesellschaftlicher Außenseiter und die Frage nach seiner sozialpsychologischen Einbettung in den jeweiligen Novellen 75
5.2 Die iterative Dimension von Calandrinos Fehlverhalten: das disharmonische Zusammentreffen alter und neuer Persönlichkeitsmerkmale im Typus des Sonderlings 77
5.3 Die Calandrino-Thematik aus der Sicht der „lieta brigata“: ein exemplarisches Modell der Suche nach „festa e buon tempo“ im Rahmen rituellen Erzählens 81
5.4 Dantes Kritik der „gente nuova“ und Boccaccios Kategorie der „nuove genti“: das Fehlen urbaner Mentalität als Grundlage eines bizarren Habitus und die idealtypische Festigung von „Interaktionsmoral“ und „Interaktionssemantik“ (N. Luhmann) anhand Calandrinos durch die Figuren aus der florentinischen Oberschicht 86
5.5 Das kalkulierte Erzeugen von Komik mit Hilfe der Calandrino-Novellen als idealem Gegenstand zur Entwicklung einer Erzähl- und Lachkultur 90
6 Le lettere dedicatorie delle novelle di Bandello: ragionamento moralistico e disposizione ricettiva 93
6.1 La natura polimorfa della novellistica bandelliana: le lettere dedicatorie come mezzo strategico della psicologia narrativa 93
6.2 La riduzione del divario formale tra lettera dedicatoria e racconto: la lettera può diventare novella, la novella cangia più volte in testo moralistico 94
6.3 Bandello in veste autofinzionale al centro dei circoli aristocratici delle lettere dedicatorie: da tradizionale atto di riverenza la lettera si trasforma in un testo di importanza basilare 99
6.4 Il «compasso della ragione» come „leitmotiv“ delle lettere dedicatorie e l’interesse antropologico di Bandello 101
6.5 La lettera dedicatoria come crocevia di opinioni discordi: il quadro di una decifrazione polisemica del mondo e di una antropologia della diversità umana 103
6.6 Le lettere di dedica e la predisposizione dei lettori a una comunanza di pensiero 105
7 Über das Versagen der Vernunft vor den Affekten. Anthropologische Aspekte in zwei Renaissancenovellen (Marguerite de Navarre: „L’Heptaméron“, 23 / Matteo Bandello: „Novelle“ II,24) 107
7.1 Das experimentelle Erkunden anthropologischer Grundfragen in beiden Novellen: eine Revision tradierter Auffassungen des Humanen 107
7.2 Die Erzählfabeln und ihre immanente Kommentierung: Marguerites moralistisches Plädoyer für die Vernunft und gegen die widervernünftigen Affekte – Bandellos Inszenierung von Vernunft als zweckorientiertem Mittel im Dienste der Affekte 109
7.3 Der Hiat von moralisierendem Kommentar und narrativ suggeriertem Reiz des Unmoralischen bei Bandello: zum Schwinden eines homologen Verhältnisses von Vernunft und Moral 112
7.4 Die uneinheitliche Anthropologie von Marguerite: Das genuin Narrative des negativen Beispiels überragt „de facto“ die moralistische Argumentation im Zeichen ideellen Vernunftglaubens 114
7.5 Ein ungelöstes Problem beider Texte: die fragliche Existenz von Willensfreiheit angesichts der anthropologischen Grundausstattung der Menschen 115
8 Imitazione e ideologia. „La Chastelaine de Vergi“ riscritta da Margherita di Navarra e da Bandello 117
8.1 Le imitazioni della „Chastelaine de Vergi“ come spostamento del suo messaggio ideologico e proposta di una antropologia diversa: il superamento dell’ „episteme“ medievale 117
8.2 La trama della „Chastelaine“: lo iato distruttivo tra le leggi della „fin’amors“ e le regole feudali 118
8.3 La riscrittura di Marguerite de Navarre: il problema di una antropologia malsicura e la messa in discussione del concetto e valore dell’amore stesso 122
8.4 La riscrittura di Bandello: una visione scettica della «natura» umana e l’invito alla moderazione delle passioni amorose al servizio della convivenza civile 126
8.5 L’imitazione di un’opera come l’avvio di un discorso di stima indiretto 129
9 Gefährdete Hierarchien? Erotik jenseits von Standesgrenzen in den Novellen Matteo Bandellos 131
9.1 Die anthropologische Neuorientierung in Bandellos Novellen: das faktische Primat der Affektivität gegenüber den Postulaten von Vernunft und Moral 131
9.2 Das amouröse Überschreiten der Standesgrenzen und seine meist destruktiven Folgen 134
9.3 Das Problem der die Standesgrenzen ignorierenden Liebesbeziehungen in zwei exponierten Novellen: eine tragisch endende Beziehung und der weibliche Anspruch auf einen rechtlich abgesicherten Wandel sozialer Hierarchien (I,42) im Unterschied zu einer dauerhaft glückenden, doch im Zuhörerkreis skeptisch beurteilten Verbindung (II,40) 138
9.4 Die Diskrepanz von extradiegetischer Anschauungsweise und konkretem Erzählinhalt: der Topos vom Sieg der Affekte über die Vernunft und das Entstehen sozial nicht beherrschbarer Interaktionsformen 142
9.5 Die Novellen als Gegenpol zur idealisierten Sonderwelt der Widmungsbriefe: das begrenzte Gewicht der Standesgrenzen angesichts einer als historisch invariant betrachteten und negativen Anthropologie 145
10 Ripetizione e trasformazione. La novella „La Fiancée du Roi de Garbe“ di La Fontaine e la sua base decameroniana 147
10.1 I „Contes et nouvelles en vers“ e i loro modelli italiani anteriori 147
10.2 Alatiel e Alaciel: la ripetizione selettiva di La Fontaine 148
10.3 Il diverso modellamento della protagonista in Boccaccio e in La Fontaine: i parametri divergenti dell’ironia narrativa e della dissimulazione femminile 150
10.4 Lo scopo didattico di La Fontaine: un insegnamento di saggezza pratica 155
10.5 Il nucleo comune delle due novelle: una determinata antropologia dell’erotismo femminile 157
11 «Immediatezza» e «naturalità» nel „Novellino“ di Masuccio Salernitano: la misoginia come esempio 161
11.1 Il pensiero topico di Masuccio: l’imperfezione innata delle donne e la differenza antropologica tra uomo e donna 161
11.2 La misoginia generica di Masuccio: le donne del „Novellino“ a confronto con le donne in Bandello e in Boccaccio 165
11.3 La novella XXI e il parossismo della vena antifemminile 169
11.4 L’ostinazione emotiva e il furore verbale contro le donne: una „mise en abyme“ di insistenza tautologica 170
11.5 Il commento alla novella XXX: «Masuccio» di fronte a una «brigata» di donne fautrici di una antropologia indifferenziata 173
12 Il denaro e la Fortuna nel „Decameron“. Su alcune novelle della seconda giornata 179
12.1 Il denaro e la Fortuna nel „Decameron“: due entità imponderabili 179
12.2 L’intreccio di denaro, Fortuna e teleologia divina nell’avventura di Rinaldo d’Esti (Dec. II,2) 181
12.3 Il denaro va per il suo verso come fa la Fortuna: le peripezie nella vita di Landolfo Rufolo („Dec“. II,4) 184
12.4 La Fortuna coadiuvante del denaro simbolo della concretezza svanita: le vicissitudini economiche di Andreuccio da Perugia (Dec. II,5) 186
12.5 Una antropologia sconcertante: la persona ridotta al suo valore economico. L’ingovernabilità del denaro e l’ingerenza della Fortuna maligna e benigna nel rapporto dei coniugi Bernabò e Zinervra („Dec“. II,9) 189
12.6 Le scelte immorali in campo finanziario e l’atteggiamento equivoco della Fortuna: cadute e riprese economiche di una famiglia ghibellina di Firenze („Dec“. II,3) 193
12.7 La Fortuna: antagonista del denaro oppure il suo „alter ego“ 197
13 Verso la nascita dell’individuo moderno. Simulazione e dissimulazione nel „Decameron“ 199
13.1 La valutazione negativa del fenomeno di simulazione / dissimulazione nell’Antichità e nel Medioevo. L’abbozzo di una antropologia diversa nel „Decameron“ 199
13.2 L’arte del fingere nelle decisioni immediate: il suo carattere di disposizione interiore e il suo orientamento verso un nuovo modello antropologico 201
13.3 Simulazione e dissimulazione quali caratteristiche di una individualità inedita 205
13.4 Le forme para-menzognere e la loro parziale giustificazione sulla scia del „cor duplex“ agostiniano 208
13.5 La mistificazione ossia l’autonomia della „ratio“ pratica nei confronti della „ratio“ speculativa: Boccaccio seguace non ortodosso di Tommaso d’Aquino 213
14 Wie Frauen der Prozess gemacht wird. Signifikante Rechtsfälle in Bandellos Novellistik 217
14.1 Bandellos Novellen im Zeichen des „guasto mondo“ vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtsorgane 217
14.2 Die bedeutsame Rolle der vor Gericht stehenden Frauen und das Erzeugen von „stupore e meraviglia“ 220
14.3 Markante Gerichtsverfahren mit Todesurteilen für skrupellose und ingeniöse Mörderinnen unterschiedlicher Motivation: die Justiz als Beglaubigungsinstanz eines anthropologischen Vorverständnisses 223
14.4 Der Prozess gegen die Valencianerin Violante: seine Besonderheit und die Kongruenz von kodifiziertem Recht und Gerechtigkeitsempfinden 227
14.5 Die Verflechtung von Rechtsnovellen und Widmungsbriefen: aristokratische Zirkel als heuristische Rechtsinstanzen 231
Nachweise der Erstveröffentlichungen der Beiträge 237
Namenregister 239
Begriffsregister 247
Literaturverzeichnis 253
Rückumschlag 272