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Minne als Sozialmodell

Konstitutionsformen des Höfischen in Sang und ‚rede‘ (12.–15. Jahrhundert)

Mohr, Jan

Studien zur historischen Poetik, Bd. 27

2019

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Wie paßt höfische Dichtung die Erfahrungen sozialen Miteinanders in die ihr zur Verfügung stehenden Redeordnungen? Diese Arbeit befragt erstmals ein breites Textcorpus aus Minnesang und ‚erzählenden‘ Minnereden systematisch auf ein implizites Wissen vom Hof als einer sozialen Formation. Sie faßt ‚Minne‘ als semantische Ressource für höfische Selbstauslegung auf und zeichnet an ‚reden‘ und Liedern u.a. Reinmars und Walthers, an Wolframs Tageliedern und Winterliedern Neidharts Möglichkeiten des Minnediskurses nach, soziale Komplexität zu bearbeiten. In dichten Analysen der personalen und institutionalisierten Beziehungsgeflechte, von Raumordnungen, Figurationen des Dritten und von Logiken des Agonalen (Konkurrenz, Aristophilie) erschließen die Untersuchungen Minnesang und Teilbereiche der spätmittelalterlichen Minnerede für wissenssoziologische Perspektiven.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Cover C
Titel 3
Impressum 4
Vorwort 5
Inhalt 7
1. Einleitung – der Hof in wissenssoziologischer Perspektive 11
1.1 Höfische Selbstentwürfe 11
1.2 Voraussetzungen I: Perspektiven sozialhistorischer Minnesangforschung 16
1.3 Zum Frageansatz und zur Methodik 23
1.3.1 Theorie 27
1.3.1.1 Institutionalität 27
1.3.1.2 Anregungen der Systemtheorie 34
1.3.2 Methoden 37
1.3.2.1 Serielle Analysen – Anregungen der Diskursanalyse 37
1.3.2.2 Hermeneutische Verfahren: Reihenbildung und ‚close reading‘ 43
1.3.2.3 Typenbildung 44
1.3.3 Voraussetzungen II: Sozialstrukturen im Hof-Diskurs des Hohen und späten Mittelalters 51
1.3.3.1 Gelehrte Diskurse: Utopischer Herrschaftsentwurf, Hofsatire, Ökonomik 54
1.3.3.2 Laikale Wissensträger: Sinnentwürfe in der Sangspruchdichtung 57
1.3.4 Analysekategorien 65
1.3.4.1 Geheimnis und Vertrauen 68
1.3.4.2 Raumcodierungen 71
1.3.4.3 Figurationen und Funktionsrollen von Dritten 75
1.3.4.4 Aristophilie 80
1.3.4.5 Pragmatisches Paradox: Selbstbeobachtungen von Fremdbeobachtung 84
1.4 Zum Textcorpus und zum Aufbau der Arbeit 88
2. Früher Minnesang und Minnekanzone 91
2.1 Zwei oder Viele? Minnesangs Optionen 91
2.1.1 Zwei trotz Vieler – Minnedyaden 93
2.1.2 Zwei unter Vielen – Ritter, Dame, Zinne 96
2.2 Der Sänger und die vriunde 105
2.2.1 ‚vriunt‘ – semantische Umrisse 105
2.2.2 Reziprozität und Selbstbehauptung – Reinmar XVII 111
2.2.3 Die ‚lôser‘ und die ‚vrowen‘ – Walther Cor 21 117
2.3 Figuren des Dritten – Botenlieder 123
2.3.1 Funktionsbereiche der Botenfigur 125
2.3.2 Reinmars Botenlieder 135
2.3.2.1 Ausdifferenzierungen: Reinmar III 137
2.3.2.2 Informationspolitik: Reinmar XXVII 144
2.3.2.3 Aufhebung des Botenlieds? Reinmar XXVIII 150
2.3.2.4 Minne und Vertrauen 155
2.3.2.5 Kontrolle und Lizenzen der Rede 160
2.3.2.6 Revocatio oder Redekontrolle 162
2.4 Resümee: Minneraum, Vertrauensraum, Vortragsraum 166
3. Wolframs Tagelieder 175
3.1 ‚Den morgenblic‘ – ein Schlaglicht 175
3.2 Frühe Formlösungen abseits des Wächterlieds: Aist und Morungen 184
3.3 Raum- und Zeitsemantiken 191
3.3.1 Raum- und Zeitkoordinaten in Lied I ‚Den morgenblic‘ 191
3.3.2 Raum- und Zeitsemantik in Wolframs Liedern II, IV und V 199
3.4 Das Sozium in Wolframs Tageliedern 208
3.4.1 Interaktionen und Geheimnisraum 208
3.4.2 Figuren des Dritten – Wolframs Wächter 219
3.5 Ereignishaftigkeit und Konventionalität 226
3.6 Resümee: Ansätze zu einer Institutionalisierung von Lizenzräumen 238
4. Neidharts Winterlieder 247
4.1 Sozialsemantik der ‚dörper‘-Welt 247
4.2 Interaktionsmodi: ‚singen‘ und ‚rûnen‘ 259
4.2.1 Werbehandeln und Öffentlichkeit 259
4.2.2 ‚rûnen‘ als Zumutung 268
4.2.3 Eskalation 282
4.2.4 Kontrolle und Mäßigung 287
4.3 Konkurrenz und Aristophilie 296
4.3.1 Welterschließung 296
4.3.2 Nähe und Ferne, Zentrum und Peripherie 306
4.3.3 Werbender und diffamierender Sang 310
4.4 Resümee: Zerrbild höfischer Sozialität und poetische Freiräume 316
5. Erzählende Minnereden 327
5.1 Kommunikationsmodelle, Inklusionslogiken, Raumcodierungen 327
5.2 Diskurszusammenhänge zwischen Minnesang und Minnereden 337
5.3 Minne-Reiche: Modelle höfischer Sozia 361
5.4 Konsoziationsmodelle: Minnegesellschaft und Kloster 373
5.4.1 Intimer und öffentlicher Zeitvertreib 373
5.4.2 Minne-Reich und Artushof 380
5.4.3 Kongregation und Parataxe: das Modell Minnekloster 388
5.4.4 Welterschließung 393
5.5 Sujetmuster Minnegericht 399
5.5.1 Minnemodelle 399
5.5.2 Labile Instituiertheiten 414
5.5.2.1 Rechtsprechung, ‚urteil‘ und ‚rât‘ 418
5.5.2.2 Funktionsrollen und personale Bindungen 431
5.5.3 Vertrauensbildung und Stigmatisierung 437
5.6 Resümee: Fremdheitserfahrungen im Minnedispositiv 450
6. Resümee: Soziale Komplexität als kommunikativer Aufwand 459
7. Folgerungen und ein Ausblick 467
7.1 Involviertheit 467
7.2 Axiologische Stabilität 472
7.3 Umformung des Diskurses; Negierbarkeitsgewinne 480
8. Literaturverzeichnis 483
8.1 Abkürzungen 483
8.2 Quellen und Textausgaben 484
8.3 Forschungsbeiträge 489
9. Register der Personennamen und Texte 529
Backcover 533