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Wahre Charaktere, gute Karikaturen, schöne Ungeheuer

Zur Poetik des Hässlichen im 18. Jahrhundert

Faßhauer, Vera

Jenaer germanistische Forschungen. Neue Folge, Bd. 38

2016

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Im neoplatonisch geprägten 18. Jahrhundert bildet das Hässliche nicht nur den Gegensatz des Schönen, sondern zugleich auch des Wahren und Guten. An sich selbst nichtig, wirkt es diesem Konzept nach lächerlich, sobald es sich eine eigenständige Daseinsberechtigung anmaßt. In der künstlerischen Praxis lässt sich das Hässliche aber keineswegs auf die Identität mit dem Falschen und Bösen festlegen: Das Charakteristische erhebt Anspruch auf Wahrheit, das Burleske entzieht sich jeder moraldidaktischen Instrumentalisierung, das Amoralische erscheint in ästhetisch schöner Gestalt, die Karikatur geriert sich als Medium objektiver Kritik. Da dies bereits in antiken Werken der Fall war, fühlen sich Klassizisten und Aufklärer gleichermaßen zu Positionierungen und Rechtfertigungen veranlasst. Der Umgang von Autoren wie Shaftesbury, Addison, Steele, Fielding, Hogarth, Herder, Pope, Lessing, Mendelssohn, Bodmer und Sulzer mit der Selbstermächtigung des Hässlichen ist Gegenstand vorliegender Arbeit.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Cover C
Titel 3
Impressum 4
Inhalt 7
I Einleitung 11
II "A kind of Shadow of something inward": Hässlichkeit bei Shaftesbury 25
II.1 Menschliche Schönheit und Hässlichkeit 25
II.1.1 Die innere Form 25
II.1.2 "Affectation" als Ursache äußerer Hässlichkeit 28
II.1.3 Guter und schlechter Geschmack 33
II.2 Das Kunstwerk und seine Beschaffenheit 35
II.2.1 Künstlerische Darstellungen des Menschen 36
II.2.2 Das Charakteristische 46
II.2.3 Grenzen des Charakteristischen 49
II.2.4 "Satirical Characteristicks" 52
II.3 Das Burleske 57
II.3.1 "Mangled, lame, distorted, aukard Forms": Burlesker Humor als Ausdruck geistiger Unfreiheit 57
II.3.2 "The cruellest Contempt in the World": Das Burleske als Medium des Ridicule 60
II.3.3 Buckinghams "Rehearsal" und das Heroic Drama 67
II.3.4 Parteilichkeit und Karikatur bei Shaftesbury und Dryden 75
III Das wahrhaft Lächerliche: Literarische Charakterschilderungen in der Tradition Theophrasts 85
III.1 Henry Gallys Theorie der Gattung 85
III.2 Gallys Beurteilung moderner Charakterschilderungen 90
III.2.1 Theophrasts Charaktere und ihre modernen Übersetzungen 90
III.2.2 La Bruyères "Caractères ou les Moeurs de ce Siècle" 94
III.2.3 "Always another Man": Zerstreutheit als Grenzfall des Lächerlichen 97
III.3 Charakterschilderungen in Joseph Addisons und Richard Steeles moralischen Wochenschriften 102
III.3.1 Gutmütiger und bösartiger Humor 102
III.3.2 "A Weapon against Vice and Irreligion": Moralisch nützlicher Humor 108
III.3.3 "Affectation" aus Eitelkeit 114
III.3.4 "Affectation" aus Heuchelei 117
III.3.5 Mr. Spectators ungeheuerliche Seite 121
III.3.6 Richard Steele als politischer Satiriker 127
IV "Characters and Caricaturas": Henry Fieldings und William Hogarths komische Epen und Historiengemälde 139
IV.1 "No more Mirrour-Writing"? Die Hässlichkeit des modernen Menschen 139
IV.2 Moralische Hässlichkeit bei Fielding 141
IV.2.1 "Not Men, but Manners": Fieldings Charakterschilderungen 141
IV.2.2 "Not an individual, but a species": Verallgemeinerte Charaktere 144
IV.2.3 "Angelic Perfection, diabolical Depravity": Eindimensionale Charaktere 149
IV.3 Fielding und das Burleske 153
IV.3.1 Parodierende Elemente in Fieldings Romanen 153
IV.3.2 "My old Acquaintance Master Punch": Verteidigung des Burlesken 158
IV.4 Die physische Karikatur 162
IV.4.1 "An Index of the Mind": Hogarths Verhältnis zur Karikatur 162
IV.4.2 Politische Satire und persönliche Karikatur bei Hogarth 171
IV.4.3 Hogarth als amoralischer Künstler 180
IV.4.4 Fieldings physische Karikaturen 185
IV.4.5 "The True Ridiculous"? Zur Funktion der Fieldingschen Karikaturen 191
V Der hässlichste aller Griechen: Thersites 199
V.1 Thersites in der "Ilias" 199
V.1.1 Die Lächerlichkeit physischer Hässlichkeit in der Antike 201
V.1.2 Das antike Verhältnis zwischen innerer und äußerer Hässlichkeit 203
V.1.3 Thersites in der neueren Ilias-Forschung 206
V.2 Thersites im Urteil englischer Autoren des 18. Jahrhunderts 210
V.2.1 Addison und Shaftesbury 210
V.2.2 Alexander Popes "Ilias"-Übersetzung 212
V.3 Thersites im Urteil deutscher Autoren des 18. Jahrhunderts 220
V.3.1 Gotthold Ephraim Lessing 220
V.3.2 Johann Gottfried Herder 224
V.3.3 Johann Georg Sulzer 227
VI Die poetische Güte des moralisch Bösen: Homerische Helden und ihre Verteidiger 235
VI.1 Shaftesburys ambivalentes Heldenkonzept 235
VI.1.1 Die epische Nichtdarstellbarkeit biblischer Stoffe 235
VI.1.2 Die heroische Hyperbel als poetische Wahrheit 239
VI.2 Der Held zwischen Vollkommenheit und Größe: Johann Georg Sulzer 246
VI.2.1 Sulzers ambivalente Einstellung zu Homer 246
VI.2.2 Größe als Rechtfertigung amoralischen Handelns 248
VI.2.3 Größe als Rechtfertigung unwahrscheinlicher Heldentaten 251
VI.2.4 Größe als moralische Vollkommenheit: Bodmers "Noah" 254
VI.3 Das moralisch Gute als poetisch Böses: Lessing und Mendelssohn 259
VI.3.1 Bewunderung und Mitleid im "Briefwechsel über das Trauerspiel" 259
VI.3.2 Lessings „Rettung“ Homers 261
VI.3.3 Die Idealschönheit des Unvollkommenen: Moses Mendelssohn 266
VI.3.4 Die tragische Karikatur des schönen Ungeheuers: Lessings "Philotas" 272
VI.3.5 Die parodistische Idealisierung einer tragischen Karikatur: Bodmers "Polytimet" 279
VII Zusammenfassung und Ausblick: Die schöne Karikatur 283
Siglen 293
Bibliographie 295
Abbildungen 313