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Eid und Bund

Geschichtsinszenierung in Friedrich Schillers Dramen

Take-Walter, Viktoria

Beihefte zum Euphorion, Bd. 123

2024

Zusätzliche Informationen

Bibliografische Daten

Abstract

Mit der „Räuberbande“ seines ersten Dramas erprobt Schiller eine bühnenpolitische Signatur, die sich mit dem Freundschaftsbund zwischen Karlos und Posa, Wallensteins „Bündnis widern Hof“ bis hin zum „uralt, Bündnis von Väter Zeit“ (‚Wilhelm Tell‘) zu einem theatralen ,Muster‘ verfestigt: Publikumswirksam werden in den Dramen immer wieder Bünde beschworen, Eide geleistet, Allianzen beschlossen – und im Laufe der Handlung auf den Prüfstand gestellt. In seinen Werken stellt Schiller meist historische Modellsituationen in ihrer theatralen Gegenwärtigkeit aus, und zwar als vor Augen geführte Verschwörung. Deutete die ältere Schiller-Forschung diese Handlungselemente als Szenenkomplexe, in denen sich „die Verwandlung der Vaterordnung in eine Brüderordnung“ (G. Kaiser) vollzöge, analysiert die vorliegende Studie Schillers Arbeit an den Quellen als spezifische, am Muster von Eid und Bund geschulte, ästhetische Überformung der Historiographie. Es wird der Frage nachgegangen: Wie inszeniert Schiller (überlieferte) Geschichte?

Inhaltsverzeichnis

Zwischenüberschrift Seite Aktion Preis
Umschlag Umschlag
Titel 3
Impressum 4
Inhaltsverzeichnis 5
I Einleitung 9
1 Schillers dramatische Verschwörungen und Rebellionen – Aspekte einer bühnenpolitischen Signatur 11
2 Methodik. Theatralität und Geschichte 27
2.1 Der Eid: Gottesbeweis, iudicium, Gründungsfigur? 32
2.2 Performativität der dramatischen ‚Bünde‘ 37
2.3 ‚coniurationes‘ zwischen Fiktionalität und Faktualität: Auf Spurensuche in Schillers historiographischen Prätexten (Intertextualität) 41
2.4 ‚Historische Wahrheit‘ vs. ‚Kunstwahrheit‘ 44
II Schillers dramatische Schwurgemeinschaften 51
3 „Wir schwören dir Treu und Gehorsam bis in den Tod“: ‚Die Räuber‘ (1781) 53
3.1 Einleitung und Forschungsüberblick 53
3.2 Verwünschung und Verbündung in den Räubern 60
3.2.1 Franz Moor (I, 1): Verfluchung des Bruders 61
3.2.2 Die Räuberhauptmänner – oder: Utopisten an den Grenzen des Rechts (Karl Moor, Moritz Spiegelberg) 65
3.2.3 Motivation der Räuberbande, ‚more judaico‘ und Bündnis(aus)schluss (‚Gründungsszene‘: I, 2) 68
3.3 Bekräftigung des Bundes – Bündnisszenen (II, 3; III, 2; IV, 5) 76
3.3.1 Zweiter Akt. Dritte Szene 76
3.3.2 Dritter Akt. Zweite Szene 80
3.3.3 Vierter Akt. Fünfte Szene 82
3.4 „Treuloser, wo sind deine Schwüre?“ Widerrufung des Bundes und Katastrophe (V, 2) 86
3.5 Kapitelfazit 88
4 „Laßt uns den heldenmüthigen Bund durch eine Umarmung beschwören“: ‚Die Verschwörung des Fiesko zu Genua‘ (1783) 91
4.1 Schillers erstes Geschichtsdrama: Rezeption und Deutung 94
4.2 Motivation der Verschwörung 107
4.2.1 Sacco, Kalkagno und das Bild einer interessengeleiteten Unterstützerschaft (I, 3) 107
4.2.2 Ein republikanischer Tugendwächter: ‚Gründungsvater‘ Verrina 111
4.2.3 Die Gründungsszene (I, 12) und Verrinas Rache-Eid 114
4.3 Bündnisszenen (II, 17 & 18; III, 5) 119
4.3.1 Theatrale Referentialität des Eides 119
4.3.2 Dramatische Performanzen: „Schreibt!“ Fieskos Verhältnis zu seinen Mitverschwörern 121
4.3.3 Muley Hassan: Informant und Verräter der Konspiration 130
4.3.4 Revolte und Reversion 132
4.4 Montierte Topographie 133
4.5 Kapitelfazit 138
5 „Arm in Arm mit dir, / So fordr’ ich mein Jahrhundert in die Schranken“: Der Freundschaftsbund in Dom Karlos (1785/1787) 143
5.1 Schillers Dramatisierung der ‚Histoire de Dom Carlos‘ (1691[1672]) von Abbé St. Réal und Robert Watsons ‚Geschichte der Regierung Philipps des Zweyten‘ (1778) 147
5.2 „Der Karlos-Komplex“23: Forschung und Textgenese 149
5.3 Fragiles Zentrum: Philipp II. hat einen Eid geschworen 158
5.4 Der Freundschaftsbund zwischen Karlos und Posa 160
5.4.1 Erinnerung an ein Opfer aus Kindertagen: erzählte ‚Gründungsszene‘ (I, 2) 160
5.4.2 Erweiterung und Veredelung des Bundes: Dom Karlos – Elisabeth (I, 5) 164
5.4.3 Ambivalente Bekräftigungen der Brüderlichkeit: Bündnisszenen (I, 7;I, 9) 168
5.5 Schillers Streichung der Bündnis-Einsegnung gegenüber dem Thalia-Fragment 173
5.6 Kapitelfazit 175
6 „Parole müssen sie mir geben, eidlich, schriftlich“: Doppelte Verschreibung und ‚Eidespflicht‘ in den ‚Piccolomini‘ (1798-1800) 181
6.1 Entstehung und Anlage der Trilogie 187
6.2 Forschungsdiskussion 196
6.3 Der ‚prägnante Moment‘: die drohende Absetzung Wallensteins und das „Bündniß wider’n Hof“ (Die ‚Piccolomini‘) 201
6.3.1 Die Bankettszene als Schauplatz von Wallensteins hybrider Kriegsführung 202
6.3.2 Die historische Situation und die Quellen: Erster und Zweiter ‚Pilsener Schluß‘ 203
6.4 Schillers Adaption des Pilsener Treuerevers 205
6.4.1 Schillers dramatische Adaption des „Pilsener Treuerevers“: Die Bankettals „Bündnisszene“ (‚Piccolomini‘, Zweiter Aufzug) 206
6.4.2 Darstellung des Treueversprechens in der Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs 211
6.4.3 Zusammenfassung des Vergleichs 218
6.5 Einblick in die historiographischen Vorlagen 220
6.5.1 Christoph Gottlieb Murr: ‚Beyträge zur Geschichte des berühmten kaiserlichen Generalissimus Albrechts, Herzog von Friedland‘ (1790) 221
6.5.2 Johann Christian Herchenhahns ‚Geschichte Albrechts von Wallenstein, des Friedländers‘ (1791) 226
6.5.3 Frantz Christoph Khevenhüllers ‚Annales Ferdinandei‘ (1726) 232
6.6 Kapitelfazit 237
7 „Weil sie den Ränken vertraut, den bösen Künsten der Verschwörung“: Zur Mortimer-Handlung in ‚Maria Stuart‘ (1801) 243
7.1 Einleitung: Marias Helfer: Darstellung eines jesuitischen Komplotts vor dem Hintergrund der Gegenreformation 243
7.2 Forschungsdiskussion 246
7.3 Der Verschwörungskomplex im Verhältnis zu den geschichtlichen Quellen 255
7.3.1 Die Mortimer-Episode 256
7.3.2 Die Schuldfrage und der zweifelhafte Eid 264
7.4 Kapitelfazit 268
7.5 Inspirationsquellen aus der englischen Dramatik: John Banks ‚The Albion Queens‘ (1704) und John St. Johns ‚Mary, Queen of Scots‘ (1789) 270
7.5.1 John Banks ‚The Albion Queens‘: Or, the death of Mary, Queen of Scotland (1704) 272
7.5.2 John St. Johns ‚Mary, Queen of Scots‘ (1789) 276
7.5.3 Verschwörer als Vorbildfiguren in St. Johns Tragödie: Norfolk, Babington und der „infernal plot“ 283
8 Alter und neuer Bund, Geschichte und Mythos: Die schweizerische Eidgenossenschaft in ‚Wilhelm Tell‘ (1804) 291
8.1 Dramatisierung eines „Volksgegenstands“: Zu den Entstehungsvoraussetzungen des ‚Tell‘ 291
8.2 Forschungsdiskussion 300
8.3 Die Ur-Gemeinschaft, der Schwur der Rekruten und ein kollektiver Eid: serielle Bündnisbekräftigungen am Rütli 309
8.3.1 Erster Bündnisschwur: die Ur-Gemeinschaft (Erster Aufzug, Vierte Szene) 310
8.3.2 Die Gründungsszene am Rütli (Zweiter Aufzug, Zweite Szene) 311
8.3.2.1 Episierende Tendenzen I: Der erzählte Schwur der Rekruten (Melchthals Botenbericht) 311
8.3.2.2 „So schwör ich droben bei den ew’gen Sternen“: Begründung und Zielrichtung der ‚Verschwörung‘ 313
8.3.2.3 Episierende Tendenzen II: Stauffachers Erzählung von der Schweizer Besiedelung, oder: ‚Etwas über die erste Menschengesellschaft‘ (1789) 318
8.3.2.4 Zur Performativität des Gründungs-Eides: „Wir sind Ein Volk, und einig wollen wir handeln“ 321
8.3.2.5 Begründung des Eides und Rechtfertigung 323
8.3.2.6 Ende der Versammlung und Modulation des Bündnisses: „Lasst uns den Eid des neuen Bundes schwören“ 329
8.4 Schillers Arbeit an den Quellen 332
8.4.1 Aegidius Tschudis ‚Chronicon Helveticum‘ (1734 [1570]) 334
8.4.2 Johannes Müllers Geschichten schweizerischer Eidgenossenschaft (die ersten drei Teile, 1786–1795) 341
8.5 Kapitelfazit 349
III Resümee 355
9 Dramenübergreifende Perspektiven 357
10 Schluss 373
IV Anhang 375
11 Literaturverzeichnis 377
11.1 Primärliteratur 377
11.1.1 Werke von Friedrich Schiller 377
11.1.2 Schillers Quellen / weitere Primärtexte 379
11.2 Sekundärliteratur 381
12 Dank 395